2.3.2021
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Auf den Umwegen des Selbstbestimmungsrechts

Der Wechsel des Stellvertretenden Ministerpräsidenten in Oppeln sorgt für eine Überraschung

Die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (TSKN) ist ein Verein, der sich die Entwicklung des kulturellen Lebens der Autochthonen zum Ziel gesetzt hat. Inzwischen, nach fast einem Vierteljahrhundert seiner Zugehörigkeit zu verschiedenen Regierungskoalitionen im Oppelner Landtag, ist die deutsche Minderheit im kulturellen Leben der Region immer noch abwesend. Die Absurdität dieser Situation hat ihren nächsten Höhepunkt erreicht. Zuzanna Donath-Kasiura (TSKN), eine Philologin und Kulturmanagerin, wurde stellvertretende Ministerpräsidentin, zuständig für das Gesundheitswesen.

Zuzanna Kasiura

Die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (TSKN) ist ein Verein, der sich die Entwicklung des kulturellen Lebens der Autochthonen zum Ziel gesetzt hat. Inzwischen, nach fast einem Vierteljahrhundert seiner Zugehörigkeit zu verschiedenen Regierungskoalitionen im Oppelner Landtag, ist die deutsche Minderheit im kulturellen Leben der Region immer noch abwesend. Die Absurdität dieser Situation hat ihren nächsten Höhepunkt erreicht. Zuzanna Donath-Kasiura (TSKN), eine Philologin und Kulturmanagerin, wurde stellvertretende Ministerpräsidentin, zuständig für das Gesundheitswesen.

Es ist selten, dass die Politiker entsprechend ihrer Ausbildung Ministerien leiten, und das ist auch nicht weiter verwunderlich. Ihre fachliche Kompetenz bleibt jedoch wichtig. Vor allem auf der regionalen Ebene, wo ein Politiker oft inhaltliche Entscheidungen zu treffen hat. In der Zeit einer Pandemie können die Entscheidungen des Leiters eines Gesundheitsministeriums für viele Menschen eine Frage von Leben und Tod sein. Das notwendige Wissen kann man nicht in zwei Wochen erwerben.

Zuzanna Kasiura ist Philologin, aber auch eine erfahrene und angesehene Kulturmanagerin. Die Entscheidung, dass sie das Gesundheitsministerium übernehmen soll, ist umso unverständlicher, zumal ein anderer Vertreter der deutschen Minderheit, ein Arzt, Roman Kolek, den Landtagsausschuss für den Multikulturalismus in der Region leiten soll. Diese paradoxe Situation ist ein Symptom für viele Probleme in der Organisation der deutschen Minderheiten.

Von der TSKN könnte man Initiativen erwarten, die darauf abzielen, ein ambitioniertes, kulturelles Leben der Autochthonen in der Region zu inspirieren: Projekte, die der deutschen Gemeinschaft helfen würden, als gleichberechtigter Partner in der Region aufzutreten. Die TSKN sollte danach streben, dass beide Gemeinschaften auf dieser Ebene miteinander um Einfluss konkurrieren können. Dann würden die schlesischen Eliten wahrscheinlich anfangen, sich mit Stolz zu ihren Wurzeln zu bekennen, was wiederum zur weiteren Stärkung der gesamten Gemeinschaft beitragen würde.

Gegenwärtig ist die Gesellschaft der deutschen Minderheit im Bereich der Kultur ein Papiertiger - zur Freude aller Nationalisten auf der anderen Seite. Die meisten Initiativen der TSKN bleiben auf dem Niveau einer Grundschule. Andererseits werden sie von unseren polnischen Nachbarn realisiert. Und das macht die deutsche Minderheit eher lächerlich, jedenfalls wirkt dies für sie auf keinen Fall respektabel.

Es ist ein Teufelskreis. Keiner der bedeutenden schlesischen Künstler ist bereit, mit der TSKN zusammenzuarbeiten. Das Bekenntnis zu der Organisation wird im Allgemeinen als so peinlich empfunden wie das Herumlaufen in fleckigen Hosen. Dieser negative Eindruck verstärkt sich noch dadurch, dass sich kulturelle Eliten von Projekten der deutschen Minderheiten distanzieren.

Es bleibt eine Tatsache, dass die kulturellen Einrichtungen in der Region fast zu 100 % von unseren polnischen Nachbarn dominiert sind. Eine deutsche Kultureinrichtung gibt es nicht. Eine kompetente Person auf dem Posten des Stellvertretenden Ministerpräsidenten, jemand, der für die Kultur zuständig wäre -  mit Einfluss auf die Finanzen und die personelle Besetzung - könnte hier endlich etwas ändern. Dafür wäre  Zuzanna Kasiura die richtige Person. Es ist auch schwer zu glauben, dass die Fraktion der deutschen Minderheit im Oppelner Landtag sich dessen nicht bewusst ist.

Dass die TSKN das Gesundheitsministerium besetzt, beweist nur die peinliche Schwäche der Vertreter der Organisation im Landtag. Dies zeigt deutlich, dass sie in dieser Koalition nichts zu sagen hat. Oder ist es, dass sie nicht genug Entschlossenheit an den Tag legt, ihre Interessen durchzusetzen? Die Vertreter sollten die Koalition verlassen, wenn sich herausstellt, dass die Unterstützung der Landesregierung der autochthonischen Gemeinschaft nichts bringt.

Aber selbst, wenn wir davon ausgehen, dass die TSKN aus irgendeinem Grund in einer solch sinnlosen Konstellation weiter bleiben möchte, wirft dies weitere Fragen auf. Gibt es in dieser Woiwodschaft wirklich keine schlesischen Ärzte mehr, die über Wissen, Erfahrung und die Entschlossenheit verfügen? Gibt es unter diesen Ärzten wirklich niemanden, der den Bereich Gesundheit bei der Landesregierung in Oppeln übernehmen könnte? Man kann eher davon ausgehen, dass es viele solcher Menschen gibt.

Das Erscheinungsbild der TSKN hat aber dazu geführt, dass kaum ein Arzt bereit ist, seine schlesische Herkunft zuzugeben. Sich mit der TSKN zu identifizieren, wird als etwas Peinliches und Kompromittierendes angesehen. Viele schlesische Eliten sehen es so. Da diese Ansicht weit verbreitet ist, gibt es nur ganz wenige, die sich zu der deutschen Minderheit bekennen.

Die Situation wird durch die, sagen wir: „herrschaftlichen“ Spielregeln am „Hof“ des Vorsitzenden der TSKN  verschlimmert. Wer sich ihm gegenüber nicht entsprechend devot, um nicht zu sagen unterwürfig, verhält, um sein Wohlwollen zu gewinnen, hat schon verloren. Er wird keine Chance bekommen, irgendwelche ernsthaften Aufgaben in der Organisation zu übernehmen, von einem Recht, die Organisation nach außen zu vertreten, ganz zu schweigen.

Und da kein erfolgreicher Arzt das Bedürfnis hat, drei Jahre lang „zu Kreuze zu kriechen“, würde auch keiner von ihnen die Chance bekommen, Funktionen im Namen der Organisation bei der Landesregierung zu übernehmen.

Natürlich kann man Zuzanna Kasiura kaum vorwerfen, ehrgeizig zu sein und Karriere um jeden Preis machen zu wollen. Seit Jahren stellt sie ihr großes persönliches Engagement für die deutsche Minderheit unter Beweis. Daher sollte man eher überrascht sein, dass sie sich bereiterklärt hat, diesen Posten bei der Landesregierung zu übernehmen.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass die Personalentscheidungen im Landtag erstaunlich sind. Es sieht so aus, als ob es den TSKN-Vertretern nicht um die Interessen der Schlesier geht, die sie vertreten sollen, sondern um die Gier nach Macht und Glanz. Natürlich ist es ein Kommunikationsproblem, aber gerade eine solche Assoziation ist ein weiterer großer Imageverlust für TSKN.

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Natalia Klmiaschka