Im Jahr 2023 stellte der Bundestag 5 Millionen Euro für den Unterricht der polnischen Sprache in Deutschland zur Verfügung. Die Bundesregierung hat jedoch die wichtigsten polnischen Organisationen, wie den Verein der Polen in Deutschland "Rodło" oder das Bildungsbündnis, nicht gefragt, für welche Zwecke dieses Geld verwendet werden soll. Die Frustration über dieses Thema ist groß.
Im Jahr 2022 verordnete Przemyslaw Czarnek die Reduzierung der Anzahl der Unterrichtsstunden für Deutsch als Muttersprache in den Schulen von 3 auf 1 Stunde pro Woche. Diese Reduzierung betraf nur die deutsche Minderheit in Polen, was eindeutig eine Diskriminierung dieser Gemeinschaft durch die damalige Regierung darstellte. Die neue Bildungsministerin, Barbara Nowacka, beugte sich jedoch dieser Frage nochmal vor, und führte ein, dass ab September dieses Jahres Deutsch als Minderheitensprache wieder 3 Stunden pro Woche unterrichtet wird. Das Problem wurde in der Interesse der Kinder gelöst.
Die Reduzierung der Anzahl an Unterrichtsstunden für Deutsch als Muttersprache hat einen internationalen Skandal ausgelöst. Vielleicht war der Druck unter welchem sich der Bundestag dadurch befand der Grund das im Jahr 2023. zusätzliche Mittel für den Unterricht der polnischen Sprache zur Verfügung gestellt wurden. Unzwar eine gigantische Summe von 5 Millionen Euro.
Gleichzeitig hat das deutsche Parlament beschlossen, dass die Entscheidungskraft über diese Mittel dem deutsche Außenministerium vergeben werden soll. Derselbe Außenministerium, welches für die Finanzierung zahlreicher Projekte der deutschen Minderheit in Polen verantwortlich ist.
Jedoch wurde der gesamte (!) Betrag von 5 Mio. Euro nicht nur ohne vorherige Konsultation, sondern auch gegen den Willen des Dachverbands "Allianz der polnischer Organisationen" durch das Berliner Ministerium an eine einzige Institution : Das Kompetenz- und Koordinationszentrum für die polnische Sprache (KoKoPol) überwiesen. Es handelt sich um eine Einrichtung der Stiftung Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal in Ostritz bei der polnischen Stadt Reichenau (Bogatynia).
Das Begegnungszentrum St. Marienthal nimmt keine eigenen Bildungsaufträge an. Seine Aufgabe ist es, diese gigantischen Mittel auf die Organisationen der Polonia zu verteilen. Viele von ihnen veranstalten seit Jahrzehnten mit großem Engagement und Erfahrung den Polnischunterricht in Deutschland. Diese Verbände bemühten sich seit Jahren, staatliche Fördermittel für den Polnischunterricht zu bekommen. Als es ihnen schließlich gelang, diese zu erhalten, wurden sie durch das Auswärtige Amt an eine unbekannte Stiftung übergeben. Diese Entscheidung wurde als Demütigung und Verspottung empfunden.
Aber das Problem geht noch weiter. Im Jahr 1991 wurde der Vertrag über die Gute Nachbarschaft unterzeichnet, in dem es eindeutig geregelt ist, dass die polnische Sprache in Deutschland als Muttersprache unterrichtet werden soll. Das bedeutet, dass der Unterrichtsstoff um Elemente der Geschichte, Tradition und Kultur erweitert werden soll. Auf diese Weise werden polnische Kinder in dem Staatsvertrag anders betrachtet, als Vertreter anderer Einwanderergruppen. Für sie wird nämlich die Kategorie des Lernens als "Herkunftssprache" angewandt. Die polnischen Organisationen sind genau daran interessiert, dass der außerschulische Sprachunterricht um kulturelle Inhalte erweitert wird.
Dr. Magdalena Telus, wissenschaftliche Leiterin von KoKoPol, formuliert eine neue Kategorie der "ererbten Sprache", die eine Art Kompromiss zwischen den beiden vorherigen Formulierungen darstellen soll. Es soll sich um einen Lehrinhalt handeln, der die kulturellen Inhalte nur begrenzt berücksichtigt.
Die polnische Dachorganisation "Allianz der Bildungsträger in Deutschland" ist darüber frustriert. Klaudyna Droske, Leiterin des Büros der Allianz polnischer Organisationen in Berlin, weist darauf hin, dass die KoKoPol im ersten Jahr der Förderung eine Million Euro für die außerschulische Bildung von Kindern bereitstellen sollte. Auf der KoKoPol-Website steht, dass 12 Organisationen Mittel erhielten. So konnten 600 Kinder Polnisch als "ererbte" Sprache lernen, was laut Droske eine erstaunliche Misswirtschaft ist. Das bedeutet nämlich, dass das meiste Geld in die Verwaltungen geflossen ist, und widerspricht damit der Erklärung der polnischen Organisationen, die im Februar 2023 in Ostritz unterzeichnet wurde ("Östritzer Erklärung").
Anna Wawrzyszko, ist die stellvertretende Vorsitzende des Bundes der Polen in Deutschland, Rodło. Sie ist der Meinung, dass Kokopol in der Zusammenarbeit mit den Polonia Organisationen Erfahrung fehlt, um die Sprachschulen zu betreiben. Sie glaubt, dass Kokopol den Bildungsbedarf der polnischen Gemeinschaft nicht versteht und diesen auch nicht artikulieren kann. Sie kann die mangelnde Bereitschaft von Kokopol, Polnisch als Muttersprache zu unterrichten, nicht nachvollziehen. Darüber hinaus glaubt Vorsitzende Wawrzyszko, dass viele wertvolle Projekte durch diese Bildungspolitik verloren gehen werden.
Ähnliche Ansichten vertritt Andreas Holm, Leiter des Christlichen Zentrums zur Förderung der polnischen Kultur, Tradition und Sprache in Deutschland. Auch er spricht von der Intransparenz von KoKoPol und behauptet, es sei nicht wirklich klar, in welchem Rahmen KoKoPol arbeitet und "wer es eigentlich ist". Er versteht nicht, weshalb man über die Köpfe der polnischen Gemeinschaft hinweg entschieden hat, dass diese, seiner Meinung nach völlig unbekannte Organisation, plötzlich über die Gestaltung der polnischen Bildung in Deutschland entscheiden soll.
Jakub Nowak von der Polnischen Bildungsgesellschaft in Berlin ist dagegen der Meinung, dass man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul schauen sollte. Er glaubt, dass man die Entscheidungen des deutschen Auswärtigen Amtes akzeptieren und damit leben muss. Er selbst habe Anträge an Kokopol gestellt, von ihnen Geld erhalten und sei mit der Zusammenarbeit zufrieden.
"Die tatsächlichen Ergebnisse der Verwendung dieser Gelder werden wir erst im Nachhinein beurteilen können. Danach werden wir natürlich weitere Gespräche mit KoKoPol führen." , sagt Andreas Holm.
Direktorin Klaudyna Droske glaubt, dass die beste Lösung wäre, wenn die deutsche Regierung eine Abteilung in einem der Bundesministerien einrichten würde, die sich mit der Verteilung der Mittel für die polnischen Organisationen befasst. Eine Einrichtung, die sich an die Regeln des deutschen Bildungswesens und an den Grundsatz der Förderung des Polnischunterrichts als Muttersprache halten würde.
Dr. Magdalena Telus von KoKoPol ist sich bewusst, dass in manchen Teilen der polnischen Gemeinschaft Unzufriedenheit herrscht. Sie spricht über ihre Anstrengungen, sie von ihrem guten Willen zu überzeugen. Dr. Telus erinnert an die Schwierigkeiten, mit denen KoKoPol zu kämpfen hatte. Die Tätigkeit von KoKoPol ist noch relativ "frisch", da sie erst 2020 ins Leben gerufen wurde und für drei Jahre nur 1,5 Vollzeitkräfte zur Verfügung hatte.
Es ist fast grotesk, dass das Auswärtige Amt bei Projekten, die sich an die deutsche Minderheit in Polen richten, mit fast eiserner Konsequenz die Regel anwendet, die in einem krassen Gegensatz steht. Projekte, die an die Minderheit gerichtet sind, müssen von der Dachorganisation Verband der deutschen soziokulturellen Gesellschaften (VdG) akzeptiert werden. In Deutschland hingegen wurde den polnischen Organisationen ein Mitspracherecht bei Diskussionen über die Vergabe der Projekten verweigert. Als ob eine Art ausgewogenes Zwischenmodell in beiden Fällen nicht möglich wäre.
Der Schlüssel in diesem Streit liegt in den Händen der deutschen Regierung. Mann kann nur hoffen, dass die Frage der Finanzierung des Polnischunterrichtes bald geklärt wird. Schließlich geht es in diesem Streit hauptsächlich um die Kinder.