Adam Kubiks Buch mit dem Titel "Reisememoiren" ist sehr lesenswert. Die Sehnsucht nach seiner schlesischen Heimat begleitet ihn auf seinen Reisen in verschiedene Regionen der Welt. Und diese neuen Eindrücke sind eine Art ständiger Anstoß, die eigene Identität zu hinterfragen. Es ist vielleicht ohne besondere Demut vor der Komplexität des menschlichen Schicksals und in der Überzeugung von seiner eigenen Größe geschrieben, aber es enthält viele Gedanken, die zum Nachdenken anregen.
Der Autor von "Reisememoiren" ist Doktorand an der Universität Heidelberg und beschäftigt sich mit linguistischen Fragen. Diese Interessen sind nicht zufällig und entspringen den immer wiederkehrenden Fragen nach seiner eigenen Identität.
Kubik ist davon überzeugt, dass das Schlesische nicht durch Polnisch oder Deutsch beschrieben werden kann. Für ihn ist das Gefühl des Schlesierseins durch die Mehrsprachigkeit definiert. Sie ist das Element, das die Gemeinschaft zusammenhalten soll. Für Kubik ist die Mehrsprachigkeit kein leeres Schlagwort, sondern der Schlüssel zur Wahrnehmung der Realität. Sie ist auch die Grundlage für Überlegungen zur regionalen Identität.
Er beschreibt sich als Deutscher aus Schlesien, als Schlesier aus Deutschland oder als Europäer vom St. Annaberg. Schlesisch und Deutsch sind die Sprachen, die ihm am meisten am Herzen liegen. Kubik wurde in eine Familie hineingeboren, die seit Generationen in diesem Land die Wurzeln niedergelegt hat.
Auf der Suche nach seiner eigenen Identität hat der Autor versucht, Regionen zu besuchen, in denen die Menschen täglich mehrere Sprachen gleichzeitig sprechen. Daher ist seine Faszination für Südtirol ganz natürlich.
Aus ähnlichen Gründen gehörte er zu den in den Vereinigten Staaten Amerikas lebenden Schlesiern. Auch diese Gemeinschaft spricht im Alltag mehrere Sprachen gleichzeitig. Kubik hat sogar schon mehrere wissenschaftliche Arbeiten über seine Landsleute verfasst, deren Vorfahren im 19. Jahrhundert nach Texas ausgewandert sind. Sie verloren natürlich den Kontakt zu ihrer ehemaligen Heimat und zu den gesellschaftspolitischen Prozessen, die sich hier in den folgenden Jahrzehnten abspielten. Der Autor versucht in ihnen so viele Elemente wie möglich zu entdecken, die auf ihre schlesische Herkunft hinweisen.
Auf seinen Reisen interessierte ihn vor allem, wie sich Mehrsprachigkeit in verschiedenen kulturellen Konstellationen auf die Identität auswirkt. Er fragte sich, wer bestimmte Sprachen verwendet und unter welchen Umständen.
Jedenfalls ist das Buch selbst ein Manifest der Mehrsprachigkeit, in dem verschiedene Passagen ohne Übersetzung in verschiedenen Sprachen erscheinen. Ohne Kenntnisse in mehreren Sprachen ist das Buch überhaupt nicht verständlich. Wahrscheinlich um diesen Eindruck zu verstärken, wird das Buch von einem englischsprachigen Nachwort begleitet. Das Nachwort wurde von Prof. Tomasz Kamusella verfasst, einem gebürtigen Cosel, der dauerhaft im britischen Exil lebt.
Das Buch "Reisemoiren" hatte seine Premiere im Geschäft "AJNCLA" im Kattowitzer Stadtteil Nikischschacht. Das Gespräch mit dem Autor wurde in zwei Sprachen - Deutsch und Schlesisch - geführt. Der erste, deutsche Teil des Treffens wurde von Markus Bonczkowitz geleitet, der zweite, schlesische, von Arnold Langer.