Der Aufbau einer autochthonen Identität muss sich auf einige konkrete Artefakte stützen. Und gerade die Baudenkmäler aus der preußischen Zeit eignen sich hervorragend dafür. Sie können als materielle Bezugspunkte dienen, um ein Gefühl der kulturellen Differenz zu schaffen. Das Verschwinden des Dampflokhauses in der Nähe des Kattowitzer Bahnhofs ist daher ein großer Verlust.
Kattowitz ist nicht nur schöne, große, bürgerlichen Mietshäuser in der 3. Mai und Warszawska-Straße. Viel wichtiger für die Identität der autochthonen Bewohner von Kattowitz sind die Bergmannshäuser und vor allem die postindustrielle Architektur. Viele der schönen und wertvollen Gebäude verschwinden unwiederbringlich.
Eines davon ist das baufällige ehemalige Dampflokdepot der PKP in der Nähe des Kattowitzer Bahnhofs. Der Komplex steht leer, seit die letzte aufgearbeitete Lokomotive ihn 2011 verlassen hat. Heute verfällt er und bricht langsam unter seinem eigenen Gewicht zusammen
Das Dampflokhaus ist ein Bauwerk, das aus mehreren Gebäuden, einer Zweifächer-Lokhalle mit zwei Drehscheiben, einem Wasserturm und einem Schlossergebäude sowie einem einst noch vorhandenen Verwaltungsgebäude besteht. Das Dampflokhaus wurde vor 123 Jahren nach Plänen von Lohse und Zebrowski erbaut. Zwölf Jahre sind seit seiner Schließung vergangen. Heute ist das Dampflokhaus überwuchert, hat zerbrochene Fenster, und die Wände sind mit Malereien und Graffiti "verziert". Überall liegen Trümmer herum, und vor dem Gebäude sind Schilder angebracht, auf deren ''beim Betreten droht die Todesstrafe'' steht. Man hat den Eindruck, die Ruinen von Tschernobyl zu besichtigen, dabei ist dies fast das Zentrum von Kattowitz. Es ist erwähnenswert, dass die Gebäude des Dampflokhauses am 15. Dezember 2021 in das Register der unbeweglichen Denkmäler der Woiwodschaft Schlesien eingetragen wurden. Leider kam es in den Jahren 2021 und 2022 im Abstand von drei Monaten zu Bränden auf dem Gelände, von denen einer das Verwaltungsgebäude zerstörte, das dann einige Tage später abgerissen wurde.
Das Dampflokhaus befindet sich im Besitz der Polnischen Staatsbahn. Seit seiner Schließung hat die Polnische Staatsbahn kein Interesse an dem historischen Komplex gezeigt und ihn verfallen lassen. Das Unternehmen versuchte, das Gebäude für 5 Millionen PLN zu verkaufen. Der Versuch, es zu verkaufen, scheiterte jedoch, da sich kein interessierter Käufer fand
Die Brände, die im Dampflokhaus ausgebrochen sind, erscheinen höchst verdächtig. Wahrscheinlich handelte es sich um Brandstiftung, da der Komplex nicht an das Stromnetz angeschlossen ist und die Brände kurz hintereinander auftraten. Vielleicht sind sie auch auf die Nachlässigkeit der PKP zurückzuführen, die sich nicht um die Instandhaltung eines verfallenden und ungenutzten Dampflokhauses kümmert. Es ist ein trauriger Zustand, wenn historische Gebäude, die einst von der Weisheit und den technischen Fähigkeiten der Menschen in diesem Land zeugten, nun verfallen, gestohlen und in Brand gesetzt werden.
Die Vereine "Kongres Ochrony Zabytków" und "Bona Fides" wollen dem historischen Dampflokhaus zu Hilfe kommen. Sie haben eine gemeinsame Initiative namens "PAROWozownia KATOWICE" gegründet. Ihr Hauptziel ist es, das historische Dampflokhaus zu retten und seine Wiederbelebung anzuregen.
Es gibt viele Ideen für die Entwicklung des Dampflokhauses. Eine davon ist eine Ausstellung von historischen Lokomotiven. Andere sehen einen neuen Stadtpark mit Eisenbahnattraktionen auf dem Gelände vor. Die Stadt Kattowitz distanziert sich von diesen Plänen mit der Begründung, sie habe wichtigere Initiativen zu ergreifen. Der Vorrang wird modernen Investitionen eingeräumt.
In Wirklichkeit gibt es in ganz Zalenze viele andere besondere Orte, die mit Füßen getreten und missbraucht werden. Und doch sind es Orte, auf die sich die Oberschlesier auf der Suche nach ihren Wurzeln beziehen können. Denkmäler sind Elemente unseres gemeinsamen kulturellen Erbes. Ihre Rettung könnte zu einer verbindenden Idee für alle autochthonen Gruppen werden.