16.9.2024

Verlorene Hoffnungen. Die Juden in Oberschlesien

Das Schicksal der Juden ist ein trauriges Kapitel in der Geschichte Oberschlesiens. Jahrhundertelang waren sie verfolgt und ausgelacht. Schon während der Reformation wurden Juden als „Verräter Christi” beschimpft, was manchmal zu den absurdesten Anschuldigungen führte. Abgesehen von religiösem Fanatismus bestand die Abneigung gegen Juden aus Neid auf den wirtschaftlichen Erfolg dieser Gemeinschaft.

Das Schicksal der Juden ist ein trauriges Kapitel in der GeschichteOberschlesiens. Jahrhundertelang waren sie verfolgt und ausgelacht.Schon während der Reformation wurden Juden als „Verräter Christi” beschimpft, was manchmal zu den absurdesten Anschuldigungen führte.Abgesehen von religiösem Fanatismus bestand die Abneigung gegenJuden aus Neid auf den wirtschaftlichen Erfolg dieser Gemeinschaft.Im Jahr 1455 erklärte sich Breslau zur judenfreien Stadt. Schweidnitzgewährte sich dieses Privileg im Jahr 1457, und in den folgendenJahren folgten die meisten schlesischen Städte diesem Beispiel. InOberschlesien, vor allem rechts der Oder, genossen die Juden größereAkzeptanz, obwohl sie auch hier kein Recht hatten, sich niederzulassen.Ab 1551 mussten sie sogar einen gelben Kreis auf ihrer Kleidung tragen,um ihre ethnische Herkunft zu kennzeichnen.Die einzige Ausnahme war die Stadt Zülz unweit von Oberglogau. DieStadt gehörte der Familie der Grafen von Proskau, die den Juden alleRechte gewehrten. Sie konnten sich hier sogar eine Synagoge bauen.Die Grafen von Proskau verteidigten die Juden konsequent gegen alleAngriffe und unterstützten sie in der Not. Infolge der Politik der Grafenvon Proskau war Zülz im 18. Jahrhundert die einzige Stadt im Reich,in der mehr Juden als Christen lebten. Auf Initiative von Wilhelm vonHumboldt beschloss König Friedrich Wilhelm III. von Preußen am 11.März 1812, ein Edikt zu verkünden, das den Juden das preußische Bürgerrecht verlieh (das Emanzipationsedikt). Die Juden konnten so vonnun an uneingeschränkt wirtschaftliche, kommerzielle und produktiveTätigkeiten ausüben, für die sie die gleichen Steuern wie ihre anderenNachbarn zu zahlen hatten. Sie konnten sich nicht nur uneingeschränktniederlassen, sondern sogar Landgüter kaufen. Sie erlebten einen rasanten wirtschaftlichen Aufstieg und trugen auch zur Entwicklung derIndustrie in Oberschlesien bei. Sie beteiligten sich an der Entwicklungder Zement-, Chemie-, Textil- und sogar der Bergbauindustrie. Die Juden bilden eine sehr starke Schicht der Intelligenz. Nebenden Ingenieuren waren es vor allen Ärzte, Rechtanwälte und Wissenschaftler. Aus diesem Umfeld ist in Schlesien auch eine Reihe vonNobelpreisträgern hervorgekommen. Die gebürtigen Juden waren OttoStern aus Sohrau (Nobelpreis für Physik 1943), Maria Goeppert-Mayeraus Kattowitz (Nobelpreis für Physik 1963), Konrad Bloch aus Neiße(Nobelpreis für Medizin 1964). Die Geschichte der oberschlesischenJuden fand ein tragisches Ende in den Konzentrationslagern der Nazis, die auch bemüht waren, jegliche Spuren von ihnen zu zerstören.Von Juden in Oberschlesien sind nur Friedhöfe und eine bis heute alsGotteshaus benutzte Synagoge in Jägerndorf geblieben. Sie wurdeangesichts der wachsenden Spannungen von den Juden 1938 selbstbewusst in eine Markthalle umgewandelt. Dadurch wurde sie vor derZerstörung gerettet.

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