7.9.2022
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Die Erinnerung an Eichendorff wurde wieder hergestellt

Blasius Handschuh wurde kürzlich 85 Jahre alt

Blasius Handschuh gilt als Gründer des TSKN in der Woiwodschaft Schlesien. Auf seine Initiative hin wurden später auch in anderen Regionen Polens ähnliche Vereine gegründet. Handschuh war die nächsten vielen Jahre Vorsitzender des TSKN in der Woiwodschaft und gehörte dem Vorstand des Dachverbands der Deutschen in Polen, des VdG, an. In diesem Sinne ist er einer der wichtigsten Führer der deutschen Minderheit aus ihrer Pionierzeit. Blasius Handschuh gründete auch ein Museum mit paläontologischen Sammlungen in seiner Heimatstadt Benkowitz.

Blasius Handschuh
Fot. Natalia Klimaschka

Blasius Handschuh wurde am 30. August 1937 in Benkowitz bei Ratibor geboren. Bereits 1945 besuchte er eine polnische Grundschule, wo er zunächst mit Sprachproblemen zu kämpfen hatte. Er rebellierte gegen das offizielle Verbot des Gebrauchs der deutschen Sprache. In den Schulpausen sprach er immer wieder mit seinen Mitschülern in seiner Muttersprache. Dies bereitete seiner Mutter jedoch große Sorgen, die ihn darauf aufmerksam machte, dass ein solches Verhalten zur Abschiebung der Familie nach Deutschland führen könnte. Und dies wäre mit dem Verlust des gesamten über Generationen angesammelten Reichtums verbunden.  

Blasius Handschuh erinnert sich rückblickend, dass er in diesen schwierigen Jahren durch das Musizieren seiner Familie und das Singen deutscher Lieder ermutigt wurde. Wie er sich erinnert, half ihm ein Lehrer, dem es gelungen war, der Deportation nach Deutschland zu entgehen, diese Leidenschaft zu entwickeln. Dieser Mann gründete den Schulchor unter dem Vorwand, die polnische Musik zu pflegen. In Wirklichkeit bestand der Zweck des Chors darin, gemeinsam auf Deutsch zu singen. 

Diese Notwendigkeit, die eigene Identität zu verleugnen, war für Blasius Handschuh eine schwierige Erfahrung, die zur Motivation für verschiedene Aktivitäten in seinem nun erwachsenen Leben wurde.  

Handschuh wurde Tischler. Die Handwerker jener Zeit bewahrten sich ein hohes Maß an Unabhängigkeit, was ihm erlaubte, verschiedene unkonventionelle Dinge zu tun.  

In den 70er Jahren ergriff er die Initiative zur Verlegung der Grabplatte eines Massengrabes deutscher Soldaten. Er beschloss, das Eiserne Kreuz und zwei deutsche Helme darauf anzubringen. Einer seiner eifrigen Nachbarn zeigte ihn bei der Bürgermiliz an. Schon am nächsten Tag erhielt er eine Vorladung zum Landeshauptquartier der Bürgerwehr in Kattowitz. Bei seiner Vernehmung bezog sich Blasius Handschuh auf den Inhalt der Akte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die im August 1975 in Helsinki gegründet wurde. Er betonte auch, dass es für ihn keine Rolle spiele, wer im Grab liege. Er glaubte, dass es Menschen waren, die darin lagen und um die irgendwo eine Familie trauerte. Letztendlich wurde er nicht bestraft, aber ihm wurden Konsequenzen angedroht, falls er in Zukunft eine ähnliche Initiative ergreifen würde.  

Blasius Handschuh hat sich nicht einschüchtern lassen. Auf seine Initiative hin wurde in den frühen 80er Jahren eine Untergrundorganisation der Deutschen in Polen gegründet. In der Anfangszeit hieß diese Deutscher Freundschaftskreis (DFK). In den folgenden Jahren organisierte Handschuh seine Konsultationen unter dem Deckmantel der Familientreffen. Einige davon zählten weit über hundert Personen. Sie entgingen nicht der Aufmerksamkeit der Bürgermiliz und des Sicherheitsdienstes. Sie wurden von den Behörden überwacht, die die Teilnehmer zwangen auseinanderzugehen. Die Mitglieder der Untergrundorganisation wurden später auf den Bürgermilizstationen verhört. Es war sicherer, sich in einer kleinen Gruppe in der Privatwohnung des Vorsitzenden zu treffen. Handschuh und seine Mitstreiter forderten immer lauter die Legalisierung ihrer Organisation. Dies gelang erst 1990, als die Soziokulturelle Gesellschaft der Deutschen der Woiwodschaft Schlesien gegründet wurde. Blasius Handschuh wurde ihr erster Vorsitzender. 

Von diesem Zeitpunkt an wurde die Organisation durch erhebliche Mittel der deutschen Regierung unterstützt. Damit waren die Handlungsmöglichkeiten unverhältnismäßig größer geworden. Handschuh setzte sich sehr für die Einführung der deutschen Sprache in Schulen und Kirchen ein. Seine vielleicht wichtigste Initiative war die Restaurierung eines Denkmals für Joseph von Eichendorff an einem zentralen Ort in Ratibor. Neben den städtischen Behörden nahm auch Franz Albrecht von Metternich-Sándor, der Herzog von Ratibor, an der Einweihung teil

Handschuh sorgte dafür, dass die deutsche Gemeinschaft in Polen als gleichberechtigtes Subjekt des gesellschaftlichen Lebens angesehen wurde. Er war auch bestrebt, einen möglichst breiten Rahmen für den kulturellen Ausdruck dieser Gemeinschaft zu schaffen.  

Ein wichtiges Projekt in Handschuhs Leben war die Sanierung des ehemaligen Klostergebäudes der Schwestern der Heiligen Elisabeth. Mit dem Geld der Organisation kaufte er das Gebäude von der Kirche und baute es zum Hauptsitz der Organisation um. Außerdem richtete er in dem Gebäude ein Museum ein, in dem er seine paläontologischen Exponate ausstellte. Er fand sie auf dem Gelände einer alten Kiesgrube. 

Blasius Handschuh ist heute nicht mehr Vorsitzender, aber er ist immer noch sehr stark in die Aktivitäten des TSKN eingebunden. In all den Jahren hatte er große Hoffnungen, dass die Zahl der auswandernden deutschen Staatsbürger durch die Etablierung der deutschen Minderheit zurückgehen würde, was er nur teilweise verhindern konnte. 

Als seinen wichtigsten Erfolg sieht Handschuh die Wiederherstellung der Sensibilität für die Geschichte Oberschlesiens im Bewusstsein der Bevölkerung an. Vor allem die Erinnerung an den bedeutenden Romantiker Joseph von Eichendorff war ihm wichtig. Heute ist er froh, dass er daran erinnern kann, dass diese Region jahrhundertelang ein kulturelles Leben von europäischem Ausmaß beherbergte. Und er versucht, sich auf diese Traditionen zu berufen, wenn er über die Zukunft der deutschen Minderheitengemeinschaft in Ratibor spricht.  

Wir wünschen dem Jubilar noch mindestens 100 Jahre bei guter Gesundheit und Entschlossenheit bei der Pflege der Eichendorff-Traditionen in Ratibor.

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Sandra Bruśniak