Die schlesischen Dissidenten in Ratingen

Die Autochthonen stellten sich gegen Hitler

Die deutsche Widerstandsbewegung ist für die Identität der Autochthonen von entscheidender Bedeutung. Sie bietet eine Art moralische Legitimierung, die sich auf die Geschichte Schlesiens zwischen 1933 und 1945 bezieht und beweist, dass sich zumindest ein Teil der Autochthonen aktiv gegen den Hitlerismus gestellt hat. Und deshalb ist die Ausstellung im Oberschlesischen Museum in Ratingen so ein wichtiges Ereignis.

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OSLM Ratingen

Die Ausstellung "Im Widerstand gegen Hitler" wurde am 20. Juli 2024 eröffnet. Verantwortlich für sie ist Herr Dr. Marius Hirschfeld. Zu diesem Anlass fand auch eine Diskussion mit Dr. Guido Hitze statt. 

Während ihr wurde es darauf hingewiesen, dass sich in diesem Jahr das 80 Jubiläum des Staatsstreich Versuches in Deutschland am 20. Juli 1944 zufällt. An diesem Tag zündete Oberst Claus Graf von Stauffenberg im Hauptquartier in der Wolfsschanze bei Rastenburg einen Sprengsatz mit der Hoffnung, Adolf Hitler zu ermorden. Diese Tat sollte den Weg für die Schaffung eines neuen politischen Systems auf den Trümmern des Dritten Reiches ermöglichen. Aufgrund eines Fehlers den Stauffenberg begonnen hatte, wurde die Wucht der Explosion grundlos begrenzt und der Diktator nur leicht verletzt. Der gescheiterte Putsch löste eine beispiellose Verhaftungswelle in Deutschland aus. Eine beträchtliche Anzahl deutscher Oppositioneller kam infolgedessen ums Leben.

Eine ganze Reihe von Oppositionellen aus Schlesien waren an der Vorbereitung des Putsches und der Ausarbeitung einer Strategie zur Machtergreifung in Deutschland beteiligt. Man könnte sogar behaupten, dass der Kreisauer Kreis ein Mitorganisator des Putsches war. 

Aufgrund des runden Jahrestages des gescheiterten Putsches veranstaltete das Oberschlesische Museum in Ratingen eine Ausstellung mit dem Titel "Im Widerstand gegen Hitler". Ermöglicht wurde sie durch die Unterstützung der Stiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“.

Im Mittelpunkt dieser Ausstellung standen drei Personen: Hans Lukaschek, Michael Graf von Matuschka und Paulus van Husen, indem der Letzterer nicht aus Schlesien stammte, sondern aus Nordrhein-Westfalen. Dennoch verbrachte er einen bedeutenden Teil seines Berufslebens in Schlesien. Die Ausstellung konzentriert sich vor allem auf die Rollen dieser Persönlichkeiten die sie beim Staatsstreich spielten und dem was sie dazu Motivierte sich am Kampf gegen den Nationalsozialismus zu beteiligen. 

Die Ausstellung "Im Widerstand gegen Hitler" besteht aus Modellen mit Texten, die die Geschichte des Kreisauer Kreises sowie die Biografien der mit ihm verbundenen schlesischen Widerstandskämpfer darstellen. Artefakte und Fotografien, die von lebenden Nachfahren geliehen wurden, sorgen für eine interessante Abwechslung. Die größte Attraktion ist jedoch die Privatsammlung von Paul van Husen. Dort befinden sich unter anderem Gegenstände aus seinem persönlichen Arbeitszimmer und Gemälde aus seinem Atelier. Darüber hinaus bietet die Ausstellung einen digitalen Zugang zu Scans von Originaldokumenten, die an die Ereignisse des 20. Juli 1944 erinnern.

Die Form dieser Ausstellung kann den Betrachter etwas überraschen. Natürlich macht es wenig Sinn, ständig an die Hauptfiguren des Putsches, wie Graf Helmuth James von Moltke oder Graf Stauffenberg, zu erinnern. Die Idee, weniger bekannte Persönlichkeiten zu zeigen, ist daher durchaus berechtigt. Unverständlich und rätselhaft ist jedoch die Auswahl der Figuren, die in der Ausstellung besonders hervorgehoben wurden.

Wenn die Autoren auch andere Schlesier, die das Attentat mitorganisiert haben erwähnen wollten, gäbe es mehrere Figuren von der Bedeutung wie die von Hans Lukaschek. Schlüsselfiguren des Attentats waren zum Beispiel Peter York von Wartenburg aus Klein Öls oder Adam von Trott zu Soltz, dessen Großvater ein Schlesier war. Beide wurden im Zuge der Repressionen ermordet. Widerstandskämpfer war ein andere Oberschlesischer, General war Alexander von Falkenhausen. 

Paulus von Husen hatte keine schlesischen Wurzeln, dafür verbrachte er einen Großteil seines Lebens in Schlesien. Aber es gab mehrere solcher Oppositionellen, die hier tätig waren. Von Hans Peters bis auf Graf Fritz Dietlof von Schulenburg. Der Letzterer war, neben Stauffenberg, die vielleicht wichtigste Figur bei der Vorbereitung des Umsturzes und wurde, wie viele Anderen im Zuge der Ermittlungen ermordet. Warum gerade Michael von Matuschka, der im Grunde nichts mit dem Putsch zu tun hatte, als Schlüsselfigur ausgewählt wurde, ist schwer zu verstehen.

Das Ziel der Ausstellung war es, an den schlesischen Kontext des Putsches zu erinnern. Es ist daher unverständlich, warum auch andere Oppositionsgruppen wie die Weiße Rose und das Rote Kapelle dort präsentiert wurden. Beide hatten weder mit dem Putsch noch mit Schlesien etwas zu tun. 

Zum Begleitprogramm der Ausstellung gehören demnächst ein Comic-Workshop für Erwachsene unter der Leitung des bekannten Künstlers Niels Schröder und das lesen der von  Paul von Husen zurückgelassenen Memoiren. Letztere findet am 19. September um 18.30 Uhr statt.

Trotz des unverständlichen Schlüssels für die Auswahl der Hauptfiguren, die in der Ausstellung vorgestellt werden, gehört sich dem Oberschlesischen Museum in Ratingen großer Dank für die Organisation der Ausstellung. Sie ist wichtig für die Identität der in Schlesien und Deutschland lebenden Autochthonen.  

Das Oberschlesische Museum in Ratingen ist ein wichtiger Ort für die in Deutschland lebenden Schlesier geworden. Die dort ausgestellten Exponate helfen ihnen, sich an ihre familiären Wurzeln zu erinnern. Die dort angebotenen Ausstellungen machen persönliche Erfahrungen und Erinnerungen sichtbar und verleihen ihnen einen universellen Charakter.

Die Ausstellung "Im Widerstand gegen Hitler" wird bis zum 3. Oktober 2024 zu sehen sein, der Eintritt ist frei.

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Natalia Klimaschka