Seit einigen Jahren haben sich antideutsche Akzente in den Medien an Sterke zugenommen. Politiker haben sich offen deutschfeindlich geäußert, deutsche Vertreter wurden beschimpft. Tosts Partner aus Hohenau schauten entsetzt zu. Auf der anderen Seite der Oder gerieten die Schlesier in den Verdacht des Zauderns. Die Partnerschaft wurde durch persönliche Freundschaften gerettet.
Die Gemeinde Tost und die Gemeinde Hohenau pflegen seit fast 20 Jahren eine partnerschaftliche Beziehung. Aber blieb diese Beziehung trotz der ungünstigen Politik der polnischen Behörden unverändert? Seit der Regierungsübernahme durch die Partei Recht und Gerechtigkeit hat die Propaganda im Laufe der Jahre immer mehr an Kraft gewonnen. Politiker haben sich offen feindlich über Deutschland geäußert, deutsche Vertreter wurden beschimpft und sogar antideutsche Plakate wurden aufgehängt.
Intuitiv hätte man daher vermuten können, dass bei einer solch beharrlichen Darstellung unter polnischer Führung negative Folgen auf den unteren Ebenen unvermeidlich waren, und das sich das Verhältnis zwischen Tost und Hohenau zwangsläufig verschlechtern würde. Dies ist jedoch nicht geschehen. Wie Grzegorz Kupczyk - Bürgermeister von Tost - selbst sagte: "Dafür ist die Selbstverwaltung da, und so funktioniert die Selbstverwaltungswelt. Wir sind völlig unabhängig von der Regierung, und hier unten tun wir Dinge, die für unsere Einwohner wirklich notwendig sind und die unseren Einwohnern dienen, unabhängig von der Politik". Der Bürgermeister fügte hinzu, dass sich die Beziehungen zwischen Tost und Hohenau nicht verschlechtert haben, sondern im Gegenteil sehr gut sind. Das einzige Mal, dass die Politik einen wirklichen Einfluss auf die Beziehungen hatte, war der Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Dies war jedoch kein negativer Einfluss: "Am nächsten Tag nach dem Ausbruch des Krieges waren wir bereits im Kontakt und die Feldbetten wahren schon bei uns." - sagte G. Kupczyk. Professor Jozef Musielok fügte hinzu, dass es sich bei den Beziehungen um eine Basisinitiative handelt und man daher keinen Einfluss von der zentralen Ebene zu befürchten hatte.
Könnte die neueste politische Situation in Polen daran etwas ändern? Auch hier zeichnet die Zukunft ein optimistisches Bild. Der Bürgermeister glaubt, dass die neue Regierung ebenso wie die alte keinen Einfluss auf die Beziehungen zwischen Tost und Hohenau haben wird. "Das liegt zum großen Teil an der Einstellung der Beteiligten. Allen geht es um Partnerschaft, nicht um Politik. Es geht hauptsachlich um den Austausch von guten Ideen, jenseits politische und staatliche Spaltungen", sagt Dorota Matheja. Die Beziehung ermöglicht den Gemeinden einen kulturellen Austausch - man könnte sagen, dass Tost für Hohenau ein Fenster zu Oberschlesien und zum modernen Polen ist. Es werden verschiedene Veranstaltungen organisiert, wie zum Beispiel das Oktoberfest oder der Toster Adventsmarkt. "Das geht in die ganze Gemeinde hinaus und das ist ein gewisser Plus, weil es zeigt, dass es hier keine Rivalität oder nationale Meinungsverschiedenheiten gibt". - sagt Prof. J. Musielok. Die Beziehung wirkt sich daher auch auf der privaten Ebene der Gemeinden sehr positiv aus - die Einwohner besuchen sich gegenseitig, fahren in den Urlaub und pflegen freundschaftliche Beziehungen, was der Bürgermeister als einen der größten Erfolge der Zusammenarbeit betrachtet.
All dies wäre jedoch ohne Sprachkenntnisse nicht möglich. Deshalb versucht die Gemeindeverwaltung, die Sprachbarriere zu überwinden - es gibt zweisprachigen Unterricht in den Schulen, Sprachkurse für Kinder und Erwachsene. Darüber hinaus gibt es Gesangs- und Theaterkurse, deren Teilnehmer die Möglichkeit haben, in der befreundeten Gemeinde aufzutreten. Wichtig ist auch die Tatsache, dass der Bürgermeister selbst Deutsch spricht, was die Kommunikation sehr erleichtert.
Die Deutschen gingen im polnischen Wahlkampf gelassen mit antideutschen Parolen um. Timm Beichelt, Professor für Europastudien an der Universität Viadrina, sieht jedoch die Gefahr, dass sie das deutsche Bild von Polen verschlechtert. "Es gibt kleine Gemeinschaften in Deutschland, die sich Polen professionell nähern, es differenziert betrachten .... Aber viele Deutsche, die Polen nicht kennen, werden durch solche Aussagen in ihren Vorurteilen bestärkt: Mit Polen kann man nicht reden, die sind ausländerfeindlich. Leider muss man sagen, dass die meisten Deutschen den Polen gegenüber gleichgültig sind. Den meisten von ihnen ist es egal, was Politiker in Polen über sie sagen.
Laut einer aktuellen Studie des Deutsch-Polnischen Instituts in Darmstadt hat die Hetze gegen Deutschland bisher keine Wirkung gezeigt. Die Einstellung der Polen zu Deutschland ist seit Jahren stabil. Während 50 Prozent der Polen die Deutschen als freundlich ansehen, haben nur 15 Prozent eine klare Abneigung gegen sie. Im Vergleich dazu haben 43 % der Deutschen eine positive Einstellung zu Polen und 14 % eine unfreundliche Einstellung.
Die Beziehungen zwischen Tost und Hohenau liefen und laufen sehr gut, aber damit das so bleibt, muss eine neue Generation in die Zusammenarbeit eingebunden werden, sowohl auf der polnischen als auch auf deutschen Seite: "Wenn uns das gelingt, bin ich zuversichtlich, dass es weitergeht und dass es ausgebaut wird. Ich denke, dass dies die wichtigste Aufgabe für die nahe Zukunft ist, die Zusammensetzung unserer Delegationen zu verjüngen". - fasst der Bürgermeister zusammen. Er erwähnt auch zwei äußerst wichtige Personen: Birgit Fisel-Rösle, die ehemalige Konsulin in Opole, und Eduard Schmid, der ehemalige Bürgermeister von Hohenau, der ebenfalls der Meinung ist, dass die politischen Unruhen die Beziehungen nicht beeinträchtigt haben. Wie der Bürgermeister von Tost weist auch E. Schmid auf die Bedeutung der Partnerschaft hin, ohne auf die Politik zu verweisen.
Es sieht nicht so aus, als ob die Apologeten der Vision einer angeblichen Bedrohung aus Deutschland so schnell von der politischen Bühne verschwinden. Noch lange werden manche Politiker behaupten, jeder Deutsche lebe nur mit der Sehnsucht nach der Entwürdigung und Versklavung des östlichen Nachbarn. In Tost werden sie aber wohl niemanden von dieser Befürchtung überzeugen können. Denn hier hat sich der Grundsatz bestätigt, dass die beste Propaganda der Konfrontation mit persönlichen Kontakten fast nie standhält. Menschen, die sich mögen und vertrauen, lassen sich kaum dazu bringen, einander zu hassen. Deshalb kommt in unserer seltsamen Zeit den Städtepartnerschaften eine neue und entscheidende Bedeutung zu.