In Breslau ist der bewusste Rückgriff auf die deutsche Vergangenheit und das Verständnis für sie als ein dauerhaftes Element der zeitgenössischen Identität selbstverständlich geworden. In Oppeln war das lange Zeit anders. Aufgrund der Präsenz einer Minderheit, war und ist der Widerstand gegen die Deutschen unvergleichbar stärker. Aber auch hier geschieht ein Wandel.
Die Geschichte der Oppelner Zementwerke begann mit dem Bau des heute nicht mehr existierenden Zementwerks Grundmann im Jahr 1857. Es lag zwischen dem heutigen Hauptbahnhof und der Oder. In den folgenden Jahrzehnten bauten verschiedene deutsche Unternehmer und Kapitalgruppen 9 Zementwerke in Oppeln. Die hochwertigen Kalkmergelvorkommen, die guten Bahn- und Wasserverbindungen, die qualifizierten Arbeitskräfte und die Attraktivität der Stadt führten zu einer dynamischen Entwicklung der Zementindustrie.
Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts war die Hälfte der Bevölkerung von Oppeln in irgendeiner Weise mit den Zementwerken verbunden. Eine Zeit lang wurde die Stadt zu einem der führenden Produktionszentren für dieses Produkt in Europa. Der Oppelner Zement wurde für den Bau von Autobahnen, öffentlichen Gebäuden und Fabriken verwendet.
Nach 1945 wurde ein Großteil der Zementproduktionsanlagen in die Sowjetunion exportiert. Von den Vorkriegsmaschinen war in Oppeln nichts mehr übrig. Nach dem Krieg wurde eine Zeit lang versucht, die Zementproduktion in den ehemaligen Gebäuden wieder in Betrieb zu bringen. Mit der Zeit hat sich dies jedoch nicht mehr gelohnt. Zurück blieben monumentale Hallen, Fabrikgebäude, Verwaltungsgebäude und Back-of-House-Einrichtungen. Alles stand wieder leer. Sie blieben nur stehen weil es zu teuer war sie abzureißen. Die industrielle Straßen- und Schieneninfrastruktur blieb ebenfalls erhalten.
Im Laufe der Jahre haben die Gebäude neue Besitzer gefunden. Heute befinden sich dort Ausstellungshallen, Geschäfte, Büros und Wohnungen. Doch viele architektonisch wertvolle Gebäude stehen noch immer leer und werden vernachlässigt.
Seit einigen Jahren wächst in der Oppelner Elite das Bewusstsein, dass Zement einst das Fundament der europäischen Bedeutung der Stadt war. Die außergewöhnliche architektonische Schönheit der postindustriellen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert wird endlich wieder bewundert. Es wurden Filme und Bücher über die Oppelner Zementindustrie produziert. Die Pionierin in diesem Bereich war zweifelsohne Teresa Kudyba. Die städtischen Denkmalschützer verhinderten den Abriss der postindustriellen Gebäude.
Die intellektuelle Elite Oppelns begann, die postindustrielle Landschaft, als Chance eine eigene neue Identität für die Stadt zu schaffen, zu betrachten. Man erkannte, dass dieser Gedanke ohne die deutsche Geschichte nicht zu erhalten war. Dass eine ideologische Konstruktion, nach der es in früheren Epochen nur die Piastenzeit gab, unmöglich war. Auf sie würde eine absolute Kulturnacht folgen, die 1945 plötzlich ans Licht käme. Dagegen ist die deutsche Architektur des 19. Jahrhunderts in der Stadt überall und bildet einen wichtigen Teil des Stadtbildes.
Die Anerkennung der deutschen Traditionen in Oppeln wurde in den vergangenen Jahrzehnten durch die Anwesenheit einer bedeutenden deutschen Gemeinde Schwierigkeiten bereitet. Das Deutschtum wurde hier mit bestimmten, damals oft ungebildeten Menschen in Verbindung gebracht. Dies stand im Gegensatz zu den großen wirtschaftlichen und kulturellen Erfolgen Oppelns in früheren Epochen. Die deutsche Minderheit nach 1989 wurde mit bestimmten politischen Interessengruppen in Verbindung gebracht. In den letzten Jahren scheint jedoch das Bewusstsein für die Bedeutung des deutschen materiellen Erbes stärker geworden zu sein.
Das Oppelner Schlesien-Museum plant, eine ganze Reihe von Radwegen entlang des Weges ehemaliger Zementfabriken anzulegen, Freiluftausstellungen sind geplant, und bisher vernachlässigte Gebäude sollen revitalisiert werden. Vielleicht wird in den stillgelegten Gebäuden des Oderzementwerks ein Zementmuseum entstehen.
Eine große Chance für die Stadt scheinen die ehemaligen Mergelgruben zu sein. Sie sind mit Wasser überschwemmend worden und bilden schöne, malerische Steinwerke mit herrlichem, kristallklarem Wasser. Sie stellen ein Potenzial dar, das für den Bau von Erholungseinrichtungen genutzt werden könnte. Diese Standorte befinden sich innerhalb der Stadt selbst. Mit dem guten Willen der Behörden könnte Oppeln zu einer Stadt der Seen und Kanäle werden.
All diese aktuellen Prozesse und die Entdeckungen der Industriegeschichte der Stadt gaben den Anstoß für die Organisation der internationalen wissenschaftlichen Konferenz „200 Jahre Portlandzement“. Die Zementfabriken des Oppelner Schlesien“. Sie wurde von Teresa Kudyba gemeinsam mit dem Zementwerk „Odra“ organisiert.
In Breslau begann der Prozess der Entdeckung der deutschen Geschichte und ihrer Aufnahme in die Identität der Stadt vor mehr als 20 Jahren. Man solle sich freuen, dass dieses Bewusstsein langsam auch Oppeln erreicht.